Der dritte Bayerische Kultur- und Kreativwirtschaftsbericht beleuchtet eine Branche in unruhiger Zeit. Bayern, Deutschland und die Welt stehen vor großen Transformationsaufgaben und immer stärker wird die ästhetische Kreativität in Anspruch genommen bei deren Bewältigung.
Bayern, so ordnet es Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger im Interview ein, „ist ein kreatives Kraftzentrum und wir arbeiten daran, die Branche weiter zu stärken und nach außen zu öffnen. Der Freistaat steht für Spitzentechnologie und Spitzenkreativität. Kommt beides zusammen, entstehen hochinnovative Lösungen und neue Geschäftsfelder.“
Der Bericht thematisiert also eine Zeit der Übergänge und hält nicht nur aktuelles Zahlenmaterial bereit, das erstmalig verlässliche Aussagen über das Ausmaß der Betroffenheit der Branche durch die COVID-19-Pandemie erlaubt, sondern reflektiert auch branchenrelevante Entwicklungen. Versammelt wurden Gastbeiträge aus dem kultur- und kreativwirtschaftlichen Raum, die sowohl die Ebene der Akteurinnen und Akteure, aber auch der Intermediäre abbilden. Über den Bericht spannt sich die Transformation, die Ausdruck findet in den Ergebnissen des ersten Trendradars für die bayerische Kultur- und Kreativwirtschaft, den einzelnen Beiträgen der Gastautorinnen und -autoren ebenso wie den abschließenden Handlungsempfehlungen. Erörtert wird die Reifung der Branche selbst, ihre Funktion als forscherische, erkenntnisbringende Kraft, die Bedeutung der Transdisziplinarität in der Beantwortung zunehmend komplexer Fragen, der Einfluss der Kultur- und Kreativwirtschaft auf eine sich ausformende Kultur der Digitalität und das Neue in seinen branchenspezifischen Ausprägungen. Dazu zählen eine neue Verantwortung der Kultur- und Kreativwirtschaft als gesellschaftliche Akteurin sowie Merkmale und Bedingungen unternehmerischer Praxis, die sich konkretisieren in einer neuen Gemeinschaftlichkeit hinsichtlich der Verfolgung kultur- und kreativwirtschaftlicher Interessen, in der Ausbildung neuer transformationsbefähigender Kompetenzen ebenso wie der Bereitstellung neue Räume, die das Explorative, Experimentelle und unternehmerisch Neue fördern.
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Bei Erwähnung und Zitierung des Berichts, bitte mit folgender Angabe:
Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie (Hg.): Dritter Bayerischer Kultur- und Kreativwirtschaftsbericht, Nürnberg 2024.
Branchenkennzahlen Bayern 2022
Bruttowertschöpfung
21.4 MRD.
Euro, 2022
Erwerbstätige
344.845
2022
Soloselbstständige
77 %
innerhalb der KKW, ab 17.500/22.000 bis 250.000 Euro
Export
3 %
2022
Umsatz
44.4 MRD.
Euro, 2022
Vorwort
Technische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Veränderungen – von der digitalen Revolution bis hin zu einem nachhaltigeren Konsumverhalten – bieten unternehmerische Chancen, verlangen aber auch eine hohe unternehmerische Flexibilität und Kreativität. Die Kultur- und Kreativwirtschaft wird diesen Veränderungsprozess nicht nur entscheidend mitgestalten und vorantreiben.
Interludium: Bayerns Wirtschaftsminister im Gespräch
Herr Staatsminister, das Bayerische Wirtschaftsministerium ist Herausgeber des dritten Bayerischen Kultur- und Kreativwirtschaftsberichts. Was verbinden Sie mit der Branche?
Die Kultur- und Kreativwirtschaft ist ein bedeutender und sehr vielfältiger Wirtschaftsbereich, der von der Musikwirtschaft, über den Buch- und dem Kunstmarkt und die Architektur bis zur Werbung, Games-Industrie und Designwirtschaft reicht. Hier werden also ganz unterschiedliche kreative Tätigkeitsbereiche zusammengefasst.
Handlungsempfehlungen aus dem dritten Bayerischen Kultur- und Kreativwirtschaftsbericht
Die Herausforderungen der Gegenwart verlangen neue Lösungen. Bereits in den frühen 1950er Jahren erkannte der Psychologe Carl R. Rogers einen gesellschaftlichen Bedarf an Kreativität, den er nicht gedeckt sah, um der Konformität, gleich ob in der Bildung, der Forschung, der Wirtschaft oder der Freizeitgestaltung, zu entfliehen. Kreativität als schöpferische Praxis, die es uns erlaubt, mit der Veränderlichkeit der Verhältnisse umzugehen und das Neue hervorzubringen, gewinnt an globaler Bedeutung und ist längst Gegenstand politischer Handhabung. In den hoch entwickelten Industriegesellschaften sind die immateriellen Ressourcen Wissen und Kreativität zu einem zentralen Wirtschaftsfaktor herangereift. Um den Begriff der Kreativität entwickelt sich mittlerweile ein ganzes Geflecht von Diskursen, Praktiken, Instrumenten und Identitätsformen, das ordnend auf Wirtschaft und Gesellschaft einwirkt.
Empirie im Wandel: Ein Interview mit Michael Söndermann
Michael Söndermann ist Gründer und Geschäftsführer des Büros für Kulturwirtschaftsforschung mit Sitz in Köln. Mit seinen Arbeiten prägt er seit Jahrzehnten die deutsche Kultur- und Kreativwirtschaftsstatistik und schafft Einblick in ein hoch komplexes Wirtschaftsfeld. Die von ihm im Auftrag der deutschen Wirtschaftsministerkonferenz entwickelten statistischen Leitfäden (2009, 2012 und 2016) gelten als nationaler Erhebungsstand und haben maßgeblich zur Systematisierung und Verständlichmachung der kultur- und kreativwirtschaftlichen Wertschöpfung beigetragen. Seine Forschungsexpertise hat Eingang gefunden in diverse Studien für Wirtschafts- und Kulturministerien des Bundes und der Länder sowie für EU-Parlament, Eurostat, UNESCO Paris sowie UNESCO Institut für Statistik Montreal.
Kapitel 1 Im Spiegel der Zahlen: Die Branche
Im Spiegel der Zahlen: Die Branche
Das Branchenmonitoring ist etablierte Praxis und doch hat die zahlenmäßige Betrachtung der bayerischen Kultur- und Kreativwirtschaft im Schatten der Coronapandemie eine besondere Relevanz. Erstmalig lässt sich ein genaueres und umfassenderes Verständnis darüber herstellen, in welchem Umfang die Branche betroffen war, gesamthaft und teilmarktspezifisch. Der zeitliche Verzug in der Verfügbarkeit amtlicher Zahlen bedeutete Unsicherheit in der Bewertung des eingetretenen wirtschaftlichen Schadens, die nun aufgelöst wird. Das für den dritten Bayerischen Kultur- und Kreativwirtschaftsbericht erhobene Zahlenmaterial schließt am vorherigen Bericht an und führt die Berechnungen für den ermittelbaren Zeitraum 2018 bis 2022 fort. Das Jahr 2022 gilt dabei als Schätzjahr, da nicht alle Eckdaten zum Stichtag 15. März 2023 gleichermaßen verfügbar waren. Das betrifft konkret die Zahl der Mini-Selbstständigen sowie die Soloselbstständigen für das Jahr 2022. Hervorzuheben ist gleichwohl, dass darüber hinaus dieser Bericht erstmalig für den gewählten Analysezeitraum im Bereich der Kerndaten keine Schätzungen, sondern bestätigte Zahlen bereithält.
Die Elf Teilmärkte
Überblick: Gesamtbetrachtung
Gesamtbetrachtung, Bundes- und Regionenvergleich, Verteilung der Umsätze und Erwerbstätigkeit nach Teilmärkten in Bayern und Deutschland, Erweiterung des Kultur- und Kreativwirtschaft-Monitorings
Tiefenblick: Die elf Teilmärkte
Kapitel 2 Im Kontext: Transformation als kultur- und kreativwirtschaftliche Aufgabe
Im Kontext: Transformation als kultur- und kreativwirtschaftliche Aufgabe
Vor mehr als 50 Jahren veröffentlichten Donella Meadows, ihr Ehemann Dennis Maedows und weitere Wissenschaftler „Die Grenzen des Wachstums“. Ein vielbeachteter und doch weitgehend folgenloser Denkanstoß, beauftragt durch den Club of Rome, einem ehrwürdigen Kreis von Industrieführern, Wissenschaftlern und Staatsmännern, der sich seit seiner Gründung im Jahr 1968 mit der prekären Existenz unseres Planeten und dem Ziel einer nachhaltigen Zukunft befasst. Der Bericht legte modellhaft dar, wie Bevölkerungswachstum und Ressourcenverbrauch die Leistungsfähigkeit unseres Planeten zunehmend und in existenzbedrohender Weise übersteigen. Der Bericht schloss mit der dringlichen Forderung nach tiefgreifenden, zukunftsorientierten gesellschaftlichen Veränderungen durch technische, kulturelle und institutionelle Veränderungen.
Kapitel 3 Im Fluss: Branchenrelevante Entwicklungen
Im Fluss: Branchenrelevante Entwicklungen
Die Veränderungsdynamik der Zeit bedeutet auch für die Kultur- und Kreativwirtschaft in Bayern hohen Anpassungsdruck. Die Digitalisierung etwa hat durch die breite Anwendungsfähigkeit generativer Künstlicher Intelligenz eine (vorläufige) Qualität und Tiefe erreicht, dessen Implikationen wir zum jetzigen Zeitpunkt noch gar nicht überblicken, allenfalls erahnen können. Die Entwicklung der Künstlichen Intelligenz reicht bis in die erste Hälft des 20. Jahrhunderts zurück, als Idee formiert sie sich bereits in der Antike, und doch drängte sie erst – und dann umso machtvoller – mit dem im November 2022 veröffentlichen Chatbot ChatGPT des bis dahin weitgehend unbekannten amerikanischen Softwareunternehmens OpenAI in den Bewusstseinshorizont der Allgemeinheit. Die kleinteiligen Organisationsstrukturen der Kultur- und Kreativwirtschaft erlauben es den Akteurinnen und Akteuren zügig auf Umweltveränderungen zu reagieren und sich gestaltend produktiv in Prozesse des Wandels einzubringen.
Kapitel 4 Im Fokus: Themen der Zeit
Im Fokus: Themen der Zeit
Der vorliegende Bericht ist Spiegel der großen Umbrüche innerhalb und außerhalb der Branche. Er betont dabei ihre gestalterische Kraft und Fähigkeit, mit Prozessen des Wandels in ästhetisch produktiver Weise umzugehen. Entgegengetreten wird einer Zwangsläufigkeit der Dinge, die den Menschen als willensfähiges Wesen in seinem Einfluss auf eben diese Dinge unterschätzt. Hier setzt die europäische Kultur- und Kreativwirtschaftspolitik an, die die Förderung und Entwicklung der Branche eng koppelt mit der Bearbeitung der großen Transformationsaufgaben (grün, digital, sozial). Mobilisiert werden soll das ästhetisch-kreative, unternehmerische Potenzial der Branche, das vor allem in neuen Wertschöpfungsbeziehungen mit Forschung, Wirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft Wirkung entfalten möge.
Neue Räume mit Dr. Olaf Kranz
Schlussbetrachtungen
Die bayerische Kultur- und Kreativwirtschaft ist vital und manövriert robust durch eine Zeit großer Umbrüche. Die Verwandlung Europas hin zum ersten klimaneutralen Kontinent bis 2050 ist eines der gegenwärtig anspruchsvollsten politischen Vorhaben, das auch die Kultur- und Kreativwirtschaft erfasst. Nicht nur ist sie selbst aufgefordert, ihre Arbeits- und Produktionsweisen modern, ressourceneffizient und wettbewerbsfähig zu gestalten, sondern zunehmend wird sie darüber hinaus in Dienst genommen bei der Gestaltung der grünen Transformation, weit über die eigenen Branchengrenzen hinaus. Das Neue Europäische Bauhaus ist die Flaggschiffinitiative der Europäischen Kommission, die dazu angelegt ist, die ästhetische Kreativität der Branche nutzbar zu machen und den Wandel hin zur Nachhaltigkeit in der Lebenswelt der Bürgerinnen und Bürger Europas zu verankern.
Ansprechpersonen
Dr. Henning Berthold
Dr. Henning Berthold
- henning.berthold@bayern-kreativ.de
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- 0911-20671-433
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- 0173-7036875
HENNING ist promovierter Wirtschaftswissenschaftler mit viel Leidenschaft für die gebaute Welt. Nach wissenschaftlicher Ausbildung in den Niederlanden, Kanada und Großbritannien, widmete er im schottischen St Andrews sein forscherisches Interesse daher der Kultur- und Kreativwirtschaft. Bei bayernkreativ ist er mittlerweile zuständig für die Bereiche Analyse und Dialog. Im Fokus seiner Arbeit stehen hier die inhaltliche Aufbereitung und Besprechung branchenrelevanter Entwicklungen. Als Mitglied des Vorstandes des European Creative Business Networks (ECBN) engagiert er sich im Namen von bayernkreativ zudem für die Förderung der Branche auf europäischer Ebene.
Oliver Wittmann
Oliver Wittmann
- oliver.wittmann@bayern-kreativ.de
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OLIVER studierte Rechtswissenschaften & Kulturmanagement in Frankfurt a. M. und in Weimar. Seine Leidenschaft für Musik führte ihn nicht nur auf die unterschiedlichsten Bühnen, sondern auch in die organisatorischen Bereiche der Musiklandschaft. So arbeitet er seit vielen Jahren in ehrenamtlicher & hauptamtlicher Tätigkeit für diverse Musikverbände & Kulturorganisationen und zeigte sich für zahlreiche Konzerte & Veranstaltungen verantwortlich. Seit 2008 ist er beratend und vernetzend in der KuK unterwegs. Neben seiner Rechtsanwaltstätigkeit in Darmstadt gründete er eine Kreativ-Agentur in Offenbach a. M., in der er EU-Projekte leitete, die sich mit kreativer Stadtentwicklung sowie mit der Ansiedlung kreativwirtschaftlicher Unternehmen befassten. Im Anschluss leitete er das Regionalbüro Nordrhein-Westfalen des Kompetenzzentrums Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundes. 2018 übernahm er die Leitung des Bayerischen Zentrums für Kultur- und Kreativwirtschaft.
Sivanne Burbulla
Sivanne Burbulla
- sivanne.burbulla@bayern-kreativ.de
- Telefon
- 0911-20671-429
SIVANNE entschied sich mit ihrer Ausbildung zur Kauffrau für Marketingkommunikation in einer Stuttgarter Werbeagentur bereits kurz nach dem Abitur für einen Beruf der Kultur- und Kreativwirtschaft. Ihr Studium der Sozialwirtschaft führte sie 2015 nach Nürnberg – und zu bayernkreativ. Ihr großes Interesse gilt den digitalen Medien, weshalb sie sich auch während ihres Studiums intensiv damit auseinandersetzte.
Seit März 2019 verantwortet Sivanne unter anderem die Online-Kommunikation von bayernkreativ. Parallel dazu verfolgte sie ein Masterstudium im Bereich Marketingmanagement. Seit Oktober 2023 setzt sie federführend den Staatspreis für bayerische Kreativorte um und ist an der Erstellung des III. Bayerischen Kultur- und Kreativwirtschaftsberichts beteiligt.