Tabelle 6: Gesamtumfang der KKW einschließlich der kleinen KKW – Bayern und Bundesgebiet im Vergleich, 20181

In diesem Abschnitt werden erstmals ausgewählte Strukturdaten zur kleinen KKW in Bayern vorgestellt.

Definition

Nach dem gängigen Standardmodell der Monitoringberichte zur KKW lässt sich die kleine KKW dem sogenannten Mini-Bereich zuordnen. Dazu zählen die Mini-Selbststän­digen mit einem Jahresumsatz von bis zu 17.500 Euro. Außerdem werden die gering­fügig Beschäftigten, die so genannten Minijobberinnen und Minijobber, diesem Bereich zugeordnet. Insgesamt werden beide Gruppen unter dem Begriff Mini-Erwerbstä­tige zusammengefasst.

Der Kernbereich umfasst alle umsatzsteuer­pflichtigen Selbstständigen bzw. Unterneh­men ab 17.500 Euro Jahresumsatz sowie alle sozialversicherungspflichtig Beschäf­tigten in der KKW. In der Summe werden alle Steuerpflichtigen und alle sozialversi­cherungspflichtig Beschäftigen zum Begriff Kern-Erwerbstätige addiert.

Die besondere statistische Datenquelle

Um nachvollziehen zu können, warum die hier vorgestellten Eckdaten zur KKW deutlich umfangreicher ausfallen, ist es notwendig, die statistische Datenquelle zu verstehen.

Die Umsatzsteuer-Voranmeldung ist die Hauptquelle für die statistischen Auswertun­gen in diesem Bericht. Sie erfasst alle Unter­nehmen und Selbstständige, die regelmäßig (in der Regel monatlich oder vierteljähr­lich) Umsatzsteuer-Voranmeldungen beim Finanzamt einreichen. Dabei werden nur Steuerpflichtige erfasst, die mehr als 17.500 Euro (ab 2020: 22.000 Euro) Umsatz im Jahr erzielen.

Die Umsatzsteuerstatistik-Veranlagung erfasst dagegen auch Selbstständige und Unternehmen mit weniger als 17.500 Euro Umsatz. Im Vergleich zur Umsatzsteuer­statistik (Voranmeldungen) zeichnet die Umsatzsteuerstatistik (Veranlagungen) ein umfassenderes Bild. Diese Statistik erweitert das Gesamtbild der KKW erheblich, wie die folgenden Ausführungen zeigen.


Gesamtumfang der KKW auf Basis der Ist-Zahlen der Umsatzsteuerstatistik-Veranlagungen

Wie Tabelle 6 zeigt, waren im Jahr 2018 insgesamt 115.400 Selbstständige und Unternehmen im Mini- und Kernbereich der KKW (I.+II.) tätig. Sie erwirtschafteten einen Gesamtumsatz von 40,5 Milliarden Euro. Rund 8,4 Prozent aller Selbstständigen und Unternehmen der bayerischen Wirtschaft waren danach in der KKW tätig. Der Um­satzanteil der KKW lag bei 3,4 Prozent und damit auf dem Niveau des Gesundheits- und Sozialwesens (WZ-Gruppe Q).

Im Kernbereich der KKW (II.) waren im Jahr 2018 rund 60.800 Selbstständige tätig. Sie erwirtschafteten einen Umsatz von 40,2 Milliarden Euro. Diese Zahlen liegen zum Teil deutlich über den Daten aus der Umsatz­steuerstatistik-Voranmeldung. Die vergleich­baren Daten waren dort: Rund 47.700 Selbstständige und Unternehmen erzielten einen Umsatz von 38,2 Milliarden. Um diese Abweichungen zu verstehen, muss man sich vergegenwärtigen, dass die Voranmel­dung immer vorläufig ist und auch nicht alle Steuerpflichtigen erfasst, denn der Kreis der Erfassten ist kleiner als der Kreis der Ver­anlagungen. Bei der Veranlagung hingegen überprüft die Finanzverwaltung die tatsäch­liche Anzahl der Steuerpflichtigen.

Empirische Befunde zur kleinen KKW

Einige Befunde sollen die Frage beant­worten: Ist die kleine KKW überhaupt von Bedeutung, wenn man nach den wirtschaft­lichen Kennzahlen Umsatz und Beschäfti­gung fragt? Allein beim Blick auf die Daten erscheint das eher fraglich. Erkennt man jedoch, wie groß die Zahl der Menschen ist, die inzwischen als Selbstständige in der KKW tätig sind, wird deutlich, dass in der bayeri­schen KKW fast die Hälfte (47,3 Prozent) al­ler Selbstständigen und Unternehmen zu den Mini-Selbstständigen zählen. So arbeiteten im Jahr 2018 rund 54.600 Mini-Selbstständi­ge in der bayerischen KKW. Sie erwirtschaf­teten einen Umsatz von 265 Millionen Euro, das entspricht einem Prozent des Gesamt­umsatzes der KKW. Die Mini-Selbstständigen spielen also in wirtschaftlicher Hinsicht keine bedeutende Rolle für die gesamte Branche.

Ein kurzer Perspektivwechsel zeigt: Mini-Selbstständige gibt es in der gesamten bayerischen Wirtschaft. Rund 643.500 oder 47 Prozent aller Selbstständigen erwirtschafteten 2018 einen Umsatz von 2,7 Milliarden Euro. Mini-Selbstständige gibt es also nicht nur in der KKW, sondern in zahlreichen Dienstleis­tungsbranchen der bayerischen Wirtschaft.

Tabelle 7: Erwerbstätigkeit in der kleinen Kultur- und Kreativwirtschaft in Bayern, 20182

Der fast identische Anteil der Mini-Selbst­ständigen in der KKW und der gesamten Wirtschaft (jeweils rund 47 Prozent) deutet darauf hin, dass Mini-Selbstständigkeit ein verbrei­tetes Phänomen ist und sich nicht spezifisch auf die KKW beschränkt.

Der wirtschaftliche Ertrag – gemessen am erzielbaren Umsatz – der Mini-Selbstständi­gen in der KKW lag bei rund 4.500 Euro Jah­resumsatz je Selbstständigem im Jahr 2018. Die Mini-Selbstständigen in der Gesamtwirt­schaft erzielten mit durchschnittlich 4.200 Euro einen etwas geringeren Umsatz.

Die Höhe dieses Durchschnittsumsatzes be­deutet für viele Mini-Selbstständige, dass sie damit ihren Lebensunterhalt kaum bestrei­ten können. Aus den Daten der Umsatzsteu­erstatistik lässt sich leider nicht ableiten, wie sich der Einkommensmix der Mini-Selbst­ständigen darstellt. Es kann nicht festgestellt werden, ob es sich nur um gelegentlich oder nebenberuflich Tätige handelt oder um hauptberuflich Selbstständige, die zusätzlich einer nichtselbstständigen Beschäftigung nachgehen. Oder sie leben beispielsweise in einer Partnerschaft und können sich so wirt­schaftlich absichern. Trotz dieser geringen Umsatzrendite ist davon auszugehen, dass die Zahl der Mini-Selbstständigen weiter steigen wird. Zumindest deuten die Bundes­daten auf diesen Trend hin. Dort waren im Jahr 2018 bereits rund 320.100 und damit die Hälfte (50,5 Prozent) aller Selbstständi­gen als Soloselbstständige tätig. Diese Zahl ist seit 2015 um 17 Prozent gestiegen. Eine weitere Datenquelle zeigt einen ähnlichen Trend. Aus der Einkommensteuerstatistik3 geht hervor, dass die Zahl der geringver­dienenden freiberuflichen Künstlerinnen und Künstler zwischen 2015 und 2018 um 37 Prozent gestiegen ist. Ein ähnlicher Trend ist bei den Freiberuflern in den Bereichen Design und Fotografie zu beobachten. Hier stiegen die Zahlen im Vergleichszeitraum um 30 Prozent bzw. 19 Prozent. Insgesamt gilt: Wie sich die Coronakrise auf die Mini-Selbstständigen ausgewirkt hat, kann statistisch erst untersucht werden, wenn die aktuelle Umsatzsteuerstatistik Veranlagung 2020 zum Jahresende 2024 veröffent­licht wird. Unabhängig davon, wie sich die Situation der Mini-Selbstständigen tatsäch­lich entwickelt, könnte es sinnvoll sein, diese Gruppe in Zukunft regelmäßiger zu unter­suchen. Dies gilt umso mehr, als durch die Änderung der Kleinunternehmergrenze von 17.500 Euro auf 22.000 Euro im Jahr 2020 eine relevante Teilgruppe der kleinen Selbst­ständigen künftig zu den Mini-Selbstständi­gen gezählt werden muss.

Die Teilmarktperspektive

Die meisten Mini-Selbstständigen waren 2018 mit einem Anteil von 19 Prozent in der Designwirtschaft tätig, gefolgt von der Software-/Games-Industrie mit einem Anteil von 14 Prozent. Der hohe Anteil der Mini-Selbstständigen unter den Designerin­nen und Designern war erwartbar, da viele Menschen im Bereich Grafik- und Kommu­nikationsdesign tätig sind. Unerwartet war hingegen der hohe Anteil in der Software-und Games-Industrie, was auf eine be­trächtliche Anzahl von Softwareentwicklerin­nen und -entwicklern hinweist, die ebenfalls in diesem Segment tätig sind.

Der fast identische Anteil der Mini-Selbstständigen in der KKW und der gesamten Wirtschaft deutet darauf hin, dass Mini-Selbstständigkeit sich nicht spezifisch auf die KKW beschränkt.

In den anderen Teilmärkten sind keine auf­fälligen Anteile unter den Mini-Selbststän­digen zu beobachten. Von der Rundfunk­wirtschaft mit einem Anteil von 6 Prozent bis zum Markt der darstellenden Künste mit 9 Prozent sind die weiteren Teilmärkte mit ähnlichen Prozentanteilen verteilt. Auffäl­lig ist, dass die Teilmärkte Musikwirtschaft mit den Komponistinnen und Komponisten, der Buchmarkt mit den Schriftstellerinnen und Schriftstellern, der Kunstmarkt mit den bildenden Künstlerinnen und Künstlern, aber auch der Filmmarkt mit den Schauspielerinnen und Schauspielern keine stärkere Ausprägung aufweisen, da künstlerische Be­rufe tendenziell risikoreicher sind und daher in quantitativer Hinsicht stärker vertreten sein müssten.

Deutlich größere Unterschiede zeigten sich bei Mini-Beschäftigten. Hohe Anteile erreich­ten 2018 der Werbemarkt mit 29 Prozent und der Pressemarkt mit 20 Prozent, gefolgt von der Designwirtschaft mit 19 Prozent. Damit waren in diesen drei Teilmärkten be­reits zwei Drittel aller Minijobber beschäftigt. Praktisch keine Nachfrage nach Minijobbern scheint es in den Teilmärkten Kunstmarkt und Rundfunkwirtschaft zu geben, ihre An­teile reichen von 1 bzw. 0,4 Prozent.

Im Vergleich zur Gesamtwirtschaft zeigte sich, dass die Mini-Beschäftigten in der KKW keine besondere Rolle spielen. Ihr Anteil an der Gesamtwirtschaft betrug 4,0 Prozent und war nur halb so groß wie der Anteil der Mini-Selbstständigen in der KKW an der Gesamtwirtschaft, er betrug 8,5 Prozent. Relativ gesehen bietet die KKW deutlich weniger Arbeitsplätze für Mini-Beschäftigte als zu vermuten gewesen wäre. Insgesamt erreichten die rund 111.000 Mini-Erwerbs­tätigen einen vergleichsweise geringen Anteilswert von 5,4 Prozent an allen Mini-Erwerbstätigen in der bayerischen Gesamt­wirtschaft. Es ist aus den vorliegenden Zahlen nicht ersichtlich, ob diese Kennzahl darauf hindeutet, dass die KKW nur be­grenzten Bedarf an Mini-Erwerbstätigen hat oder ob die wirtschaftliche Lage in der KKW für diese Erwerbstätigen bereits im Jahr 2018 ungünstig war.

  1. Tab. 6 Quelle Umsatzsteuerstatistik Veranlagung, LfStat Bayern; eigene Berechnungen Michael Söndermann/Büro für Kulturwirtschaftsforschung, Köln. ↩︎
  2. Tab. 7 Hinweis Mini-Beschäftigte oder Minijobber = geringfügig Beschäftigte. Quelle Umsatzsteuerstatistik Veranlagung, LfStat Bayern; eigene Berechnungen Michael Söndermann/Büro für Kulturwirtschaftsforschung, Köln. ↩︎
  3. Geringverdienende Freiberufliche verdienen aus ihrer freiberuflichen Tätigkeit weniger als aus anderen beruflichen Einkünften. ↩︎