Der Z-Bau Nürnberg gewinnt im Jahr 2024 als einer von vier Kreativorten den Staatspreis für bayerische Kreativorte.

Steffen Zimmermann | Z-Bau Nürnberg/GkF – Gesellschaft für kulturelle Freiräume mbH

Steffen Zimmermann ist ein vielseitiger Kulturschaffender mit einem starken Engagement für die kreative Szene seiner Heimatstadt Nürnberg. Nach seinem Abschluss als Diplom-Sozialpädagoge war er Mitbegründer und -organisator des Brückenfestivals Nürnberg und fungierte dort bis 2014 als Vorstand. Seit 2005 ist er zudem als Musiker bei „The Great Bertholinis“ aktiv. Von 2006 bis 2014 war Steffen als Geschäftsführer der Musikzentrale Nürnberg e. V. und des MUZclubs tätig, wo er maßgeblich zur Förderung lokaler Musikkultur beitrug. Im Jahr 2014 zeichnete er sich verantwortlich für das Konzept, den Finanzierungsplan und die Machbarkeitsstudie des „Z-Bau – Haus für Gegenwartskultur“. Seit 2015 leitet er die GkFmbH Gesellschaft für kulturelle Freiräume mbH, Betreibergesellschaft des „Z-Bau Nürnberg“.

Steffen zIMMERmann

Bildnachweis: Z-Bau

Fernab des gesellschaftlichen Aspekts ist ein lebendiges Kulturangebot nicht nur ein Standortfaktor, sondern trägt auch maßgeblich zur Lebensqualität einer Stadt bei. Es beeinflusst die Lebendigkeit der Stadtteile, stärkt die Identität der Kommune und fördert das Selbstbild der Bewohnerinnen und Bewohner.

Steffen Zimmermann

Lieber Steffen, erzähl mal, wie hat sich der Z-Bau als offenes und freies Kulturhaus und Kreativort im Laufe der Zeit entwickelt und welche Rolle spielt er heute in der Kulturlandschaft von Nürnberg?

Das Gebäude war einst als Kasernenanlage geplant, ein Teil des Reichsparteitagsgeländes in Nürnberg, ein Relikt aus der Nazi-Zeit. Nach dem Abzug der Amerikaner wurde es vom Bund zurückgekauft und wieder in die städtische Verwaltung überführt. Anfangs war unklar, welche Nutzung angemessen wäre, und so fanden dort ab dem Jahr 2000 verschiedene Kulturinitiativen vorübergehend ein Zuhause, allen voran der KV (Kunstverein Hintere Cramergasse). Diese Phase war von ehrenamtlichem Engagement geprägt, jedoch aufgrund begrenzter Ressourcen auch herausfordernd.

Unsere Bemühungen begannen, als die Stadt Nürnberg im Jahr 2010 erneut über die Zukunft des Gebäudes nachdachte. Wir setzten uns dafür ein, dass das Gebäude weiterhin als Kultur- und Kreativort genutzt wird, da sich in der Zwischennutzung seine Bedeutung für die Stadt gezeigt hatte. Der Stadtrat beschloss schließlich, das Gebäude zu sanieren, was mithilfe von EU-Mitteln in zwei Phasen durchgeführt wurde, um vor allem sicherheitsrelevante Aspekte wie Brandschutz und Schadstoffbelastung zu verbessern.

Der erste Bauabschnitt der Sanierung konnte 2015 abgeschlossen werden und das Gebäude wurde in seiner heutigen Form eröffnet. In den letzten neun Jahren haben wir eine turbulente Zeit erlebt. Der Z-Bau verfügt über insgesamt 5.500 Quadratmeter Innenfläche mit vier Veranstaltungsräumen, Ateliers, Werkstätten, Büros und Proberäumen, die von vielen Vereinen und Künstlerinnen und Künstlern genutzt werden, sowie 14.000 Quadratmeter Außenfläche. Zu Beginn gab es Bedenken, ob die Stadt ein solches Projekt braucht und ob es die finanziellen Mittel rechtfertigt, aber nach unserer Einschätzung konnten wir uns als ergänzende Einrichtung etablieren, ohne andere zu sehr zu beeinträchtigen.

Die Anfangszeit war holprig und von Erwartungsdruck geprägt, aber wir haben uns trotzdem schnell entwickelt. Unser Team ist gewachsen, die Veranstaltungsdichte hat zugenommen, bis uns die Coronapandemie zwang, unser Programm anzupassen. Wir arbeiten weiter daran, uns zu erholen und zu einer gewissen Normalität zurückzukehren.

Wie werden eure Räume genutzt? Wie können Kultur- und Kreativschaffende eure Räume nutzen?

Wir haben mehrere Veranstaltungsräume mit unterschiedlichen Kapazitäten (150, 400, 1.000 Personen) für regionale und überregionale Veranstaltungen. Im Außenbereich gibt es einen zentralen Biergarten, der aus Rücksicht auf die Anwohnerinnen und Anwohner nur eingeschränkt für Kulturveranstaltungen genutzt werden kann, aber dennoch öffentlich zugänglich ist. Weiterhin gibt es interne Büros und Verwaltungsräume sowie etwa 17 Kreativräume, die von externen Mieterinnen und Mietern genutzt werden, darunter eine Brauerei und ein Tonstudio. Zusätzlich beheimatet der Z-Bau ein breites Spektrum an kreativen Räumen, wie eine Graffiti-Schule, ein Atelier für Bewegungskünste und klassische Künstlerateliers. Im Keller befinden sich zudem acht Proberäume für Musikprojekte sowie ein Seminarbereich mit vier verschiedenen Seminarräumen. Mit dem von Ehrenamtlichen organisierten Nordgarten haben wir einen weiteren Außenbereich, der zwar nur an bestimmten Tagen öffentlich zugänglich ist, aber auch für spezielle Anlässe wie Sommerfeste und Garten-, Bau- und Kunstprojekte genutzt wird.

Welche Strategien verfolgt der Z-Bau, um die Bedürfnisse verschiedener Kultur- und Kreativschaffender zu berücksichtigen und eine vielfältige Nutzung seiner Räumlichkeiten zu ermöglichen?

Ein zentrales Element für uns ist die Flexibilität, die wir durch unser Personal und eine umfassende technische Ausstattung gewährleisten. Von Akustikkonzerten bis hin zu Messen können wir eine Vielzahl von Veranstaltungsformaten unterstützen, ohne dass zusätzliches Equipment gemietet werden muss. Unser Personal steht bereit, um Veranstaltende bei Bedarf zu unterstützen, ist jedoch auch darauf bedacht, ihnen die Initiative zu überlassen, wenn sie dazu in der Lage sind.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist unsere Mietpreispolitik, die auf Niedrigschwelligkeit ausgerichtet ist. Wir bieten Preise an, die sich im Selbstkostenpreis-Segment bewegen, um auch kleineren oder weniger bekannten Künstlerinnen und Künstlern eine Nutzung zu ermöglichen. Diese Flexibilität erstreckt sich auch auf unsere Veranstaltungsmodelle, die von klassischer Vermietung bis hin zu Kooperationen und Eigenveranstaltungen reichen.

Wir bieten Kooperationsmodelle an, bei denen wir gemeinsam mit den Veranstalterinnen und Veranstaltern Events planen und durchführen, wobei sowohl die Kosten als auch die Gewinne und Verluste geteilt werden. Das ermöglicht insbesondere unerfahrenen Veranstalterinnen und Veranstaltern, ihre Ideen und Projekte ohne zu großes finanzielles Risiko umzusetzen. Unsere eigenen Veranstaltungen machen zwar einen Teil unseres Programms aus, konzentrieren sich jedoch hauptsächlich auf Lücken im Programmplan, während wir die besten Tage – Donnerstag bis Samstag – bevorzugt an externe Partnerinnen und Partner vergeben. Dies sind einige unserer Ansätze, die sicherstellen, dass unser Kultur- und Kreativort lebendig und zugänglich bleibt.

Welche Faktoren oder Unterstützungsmaßnahmen haben euch bei der Finanzierung und Förderung des Z-Baus geholfen und welche Rolle spielten dabei öffentliche Mittel im Vergleich zu anderen Finanzierungsquellen?

Die Unterstützung der Kommune war und ist für uns von zentraler Bedeutung. Das Gebäude des Z-Baus ist in städtischem Besitz. Das ermöglicht uns günstige Mietkonditionen für Nutzerinnen und Nutzer. Außerdem erhalten wir einen laufenden Zuschuss für den Betrieb, einschließlich Personalkosten. Ein Großteil der Grundausstattung und Anfangsinvestitionen wurden von der Zukunftsstiftung der Sparkasse und der Stadt Nürnberg finanziert. Ungefähr 60 Prozent unserer Finanzierung erwirtschaften wir selbst, während die restlichen 40 Prozent über Förderungen, einschließlich kommunaler Förderungen, akquiriert werden.

Welche besonderen Herausforderungen und Chancen ergeben sich für den Z-Bau als gemeinwohlorientierte Einrichtung im Spannungsfeld zwischen Gemeinnützigkeit und Wirtschaftlichkeit?

Als gemeinwohlorientierte GmbH stehen wir vor der Herausforderung, unsere Gemeinwohlorientierung immer wieder deutlich zu machen, insbesondere auch gegenüber Geldgebenden, Förderprogrammen, Kooperationspartnerinnen und -partnern oder in Sachen FSJ oder Bundesfreiwilligendienst. Obwohl GmbHs oft als wirtschaftlich orientiert wahrgenommen werden, liegt unser Hauptanliegen in der Kulturförderung, weshalb wir in vielen Zusammenhängen darauf hinweisen müssen, dass unsere Satzung und damit der Gesellschaftszweck und vor allem auch unsere Arbeit gemeinwohlorientiert ist. Die Chance liegt darin, dass wir wie ein Wirtschaftsunternehmen wirtschaften können und Rücklagen bilden können, während unser gesellschaftlicher Auftrag klar definiert ist. Die Organisationsstruktur einer GmbH bietet im Vergleich zu einem Verein eine größere Planungssicherheit. Zwar sind wir als GmbH dem GmbH-Gesetz und zusätzlichen bürokratischen Anforderungen unterworfen, jedoch überwiegen für mich die Vorteile dieser Organisationsform – grade für ein Projekt in der Größenordnung des Z-Baus.

Kann euer Modell in der Entstehungsgeschichte als Blaupause für andere Kommunen in Bayern dienen?

Ja, ich glaube, dass unsere Erfahrungen sowohl positive als auch negative Lehren für andere Projekte bieten können. Wir wissen jetzt, welche Fehler vermieden werden sollten, wenn ähnliche Projekte gestartet werden. Die enge Zusammenarbeit und das Vertrauen der Kommune waren entscheidend sowohl in der Anfangsphase als auch im weiteren Verlauf. Die Tatsache, dass die Stadt Nürnberg Gesellschafterin bei der Betreibergesellschaft ist, ermöglicht eine direkte Kommunikation und eine transparente Zusammenarbeit, was uns in jeder Entwicklungsphase sehr geholfen hat. Die städtische Beteiligung hat sich also bewährt. Die Stadtspitze war damals damit einverstanden, dass die Kommune nicht die Mehrheit der Anteile besitzt. Das hat zu einer ausgewogenen Entscheidungsfindung und einer demokratischen Struktur innerhalb der GmbH geführt. Die Finanzierung und Organisation der Sanierung durch die Stadt betrachte ich als großes Privileg und als Luxus. Wir konnten aus kultureller und kreativer Perspektive mitreden und den Prozess begleiten, ohne jedoch die bauherrliche Verantwortung zu tragen. Unsere Erfahrungen bei den Planungen und Vor-Ort-Besichtigungen waren wertvoll, jedoch waren wir nicht direkt für die Abwicklung verantwortlich.

Bildnachweis: Bayern Innovativ GmbH/Jasmin Riedel

Konntet ihr bei der Sanierung und Gestaltung der Räume Wünsche und Anliegen aus eurer kultur- und kreativwirtschaftlichen Perspektive einbringen?

Ja, das konnten wir. Nicht alle unsere Vorschläge sind dabei auf Gegenliebe gestoßen, und einige Änderungen haben zu zusätzlichen Kosten geführt, die an anderer Stelle eingespart werden mussten. Die Sanierung war auf das Nötigste beschränkt, daher haben auch wir uns bemüht, unsere eigenen Vorschläge auf das Notwendigste zu beschränken. Ein wichtiges Anliegen war es, sicherzustellen, dass alle Räume des Hauses parallel bespielt werden können, was einige Anpassungen erforderte, wie beispielsweise den Einbau von Schallschutzschleusen. Ein weiteres wichtiges Thema war ein Aufzug, um gleichzeitig die Barrierefreiheit und schnelle Lieferwege zu gewährleisten. Ein drittes entscheidendes Beispiel sind die Proberäume im feuchten Kellerbereich. Obwohl es nicht möglich war, die Mauern trocken zu legen, wurden bauliche Maßnahmen ergriffen (wie die Installation einer Raumlüftung), um die Räume trocken genug für die Lagerung von Instrumenten zu machen. Obwohl es mit viel Überzeugungsarbeit verbunden war und bei einigen Planungen umdisponiert werden musste, bin ich überzeugt, dass sich das Ergebnis gelohnt hat.

Warum sollten sich Kommunen für die Entwicklung von Kultur- und Kreativorten wie dem Z-Bau einsetzen?

Fernab des gesellschaftlichen Aspekts ist ein lebendiges Kulturangebot nicht nur ein Standortfaktor, sondern trägt auch maßgeblich zur Lebensqualität einer Stadt bei. Es beeinflusst die Lebendigkeit der Stadtteile, stärkt die Identität der Kommune und fördert das Selbstbild der Bewohnerinnen und Bewohner. Die Entscheidung der Stadt Nürnberg, den Z-Bau finanziell zu unterstützen, hatte daher aus meiner Sicht vorbildhaften Charakter. Der Z-Bau trägt zwar nicht allein zur Rettung der Kultur bei, aber er fördert definitiv die Vielfalt und schafft Raum für Experimente und neue Impulse. Es ist wichtig, der Kultur- und Kreativwirtschaft Raum zu geben, ohne dass sie ausschließlich von wirtschaftlichem Druck getrieben wird und sich alles in Richtung Kommerzialisierung entwickelt. Die Bereitstellung von Freiräumen ermöglicht nicht nur die Entstehung neuer kultureller Projekte, sondern auch die Veränderung und Weiterentwicklung einer Stadt. Es ist entscheidend, dass das Interesse an Kulturförderung nicht nur auf dem Papier steht, sondern auch aktiv umgesetzt wird und mit Wertschätzung verbunden ist. In Nürnberg haben wir verschiedene Bildungseinrichtungen, die sich mit Kunst und Kultur beschäftigen, wie die Hochschule für Musik und die Akademie der Bildenden Künste. Um diese Absolventinnen und Absolventen in der Stadt zu halten, müssen entsprechende Infrastrukturen und Angebote geschaffen werden, die über die klassischen Stärken Nürnbergs hinausgehen.

Wie können eurer Meinung nach neue Räume erschlossen werden? Welche Art von Unterstützung ist dabei erforderlich und empfehlenswert, insbesondere seitens der Kommunen?

Der politische Wille ist der erste und entscheidende Impuls, unabhängig von der Stadt. Nürnberg hat sich bereits umfassend engagiert, zum Beispiel mit dem großen Projekt der Umgestaltung der Kongresshalle und dem Opernhaus. Es ist wichtig, dass politischer Wille und das Bewusstsein dafür vorhanden sind, dass die Finanzierung von Kultur nicht nur eine einmalige Ausgabe ist, sondern dauerhafte Unterstützung benötigt. Attraktive Rahmenbedingungen sind ebenfalls von Bedeutung, um Kulturschaffende und Kreative anzuziehen und in der Stadt zu halten. Nur so können solche Orte mit Leben gefüllt werden und teurer Leerstand vermieden werden. Es ist daher wichtig, dass die Stadt die notwendigen Ressourcen bereitstellt und die Bedeutung von Kultur- und Kreativwirtschaft als integralen Bestandteil der Stadtentwicklung anerkennt.